WERDEN TRAINER/-INNEN IN ZUKUNFT ERSETZT? DIE ROLLE DER TRAINER/-INNEN IN DER VR
Zusammenfassung
SHOTPROS ist ein von der EU gefördertes Forschungsprojekt (Horizon 2020, No 833672) mit dem Ziel, ein Trainingsprogramm sowie eine unterstützendes VR-System zu entwickeln, das es Polizisten ermöglicht, auch in Stresssituationen die situativ richtigen Entscheidungen treffen zu können. Szenariobasiertes Training in einer virtuellen Umgebung im polizeilichen Umfeld wird immer interessanter. Viele Vorteile liegen klar auf der Hand: Einsparung von Zeit, Materialien und Ressourcen bereits in der Vorbereitung, aber auch in der Durchführung der Trainings. Eine audiovisuelle Aufbereitung aller Geschehnisse im Training wird durch moderneste Technologie einfacher. Die Rolle der Trainer/-innen verändert sich dadurch aber. Ein System kann theoretisch alles messen, was passiert – wieviel muss dann die Trainerin oder der Trainer noch machen? Dieser Frage gehen wir in einem 15-minütigen Impulsvortrag nach. Hintergründe zum Projekt und Ergebnisse werden vorgestellt und in einer anschliessenden Diskussion beleuchtet.
BIRGIT HARTHUM (SHOTPROS/USECON)
Birgit Harthum studierte Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien und war über zehn Jahre in der internationalen Softwarebranche im Produktmanagement tätig. Produkte von der Idee auf den Markt zu bringen und dort nachhaltig zu etablieren bzw. langjährige Bestandsprodukte strategisch weiterzuentwickeln, waren ihr Kerngebiet. Ihr Fokus lag dabei immer auf der Vermittlung zwischen Anwender/-in, Entscheider/-in und Entwicklung. Durch diese Rolle entschied sie sich dazu, die Seiten zu wechseln und in der strategischen Beratung bei USECON tätig zu werden. Sie ist als Project Coordinator und Business Developer bei USECON vor allem für strategische Projekte verantwortlich – das Management von internationalen und multidisziplinären Partnern/-innen ist dabei ihr Steckenpferd. USECON berät Unternehmen bei der Digitalisierung und sieht sich mit dem Thema User Experience & Customer Experience als Bindeglied zwischen der wirtschaftlichen und der technischen Welt. Als ursprüngliches Spin-Off einer Universität ist USECON auch seit mehr als 20 Jahren in der Forschung tätig und agiert im multidisziplinären Umfeld zwischen Wissenschaft, Technik und Endnutzer/-innen.
ENTWICKLUNG DER VIRTUELLEN REALITÄT IN DER POLIZEIAUSBILDUNG: ERSTE SCHRITTE BEI DER KANTONSPOLIZEI GENF
Zusammenfassung
Die virtuelle Realität (VR) ist eine aufstrebende Technologie mit vielen Anwendungsgebieten. Innerhalb der Polizeikorps könnte die VR-Infrastruktur beispielsweise bei der Rekrutierung, der Grundausbildung, der Weiterbildung, der Kaderausbildung, dem Debriefing oder der internen Mobilität eingesetzt werden. Über das Laboratoire de modélisation multimodale des émotions et du ressenti (MMEF lab) unter der Leitung von Professor David Rudrauf zeigen die Kantonspolizei Genf (PCGE) und die Universität Genf (UNIGE) grosses Interesse an einer Zusammenarbeit bei der Anwendung affektiver Wissenschaften und VR-Technologie in der Ausbildung von Berufsleuten im Bereich Sicherheit. Das Centre de formation de la police et des métiers de la sécurité (CFPS) und die UNIGE haben den Prototyp eines speziellen VR-Schulungstools (2018–2020, Finanzierung durch das CFPS) auf einer soliden und innovativen wissenschaftlichen Grundlage unter der technischen Leitung von Dr. Yvain Tisserand (MMEF lab) entwickelt. Parallel dazu wurden seit 2017 sechs Masterprojekte zu diesem Thema durchgeführt. Derzeit entsteht eine Doktorarbeit, die darauf abzielt, die Stressreaktionen von Polizisten/-innen, ihre Strategien zur Emotionsregulierung und ihre Entscheidungsfindung, insbesondere bei der Anwendung von Gewalt, besser zu verstehen, zu messen und zu optimieren. Die im Jahr 2019 begonnene und auf fünf Jahre angelegte Forschungsarbeit stellt sich die Frage, ob das psycho-affektive Training in der virtuellen Realität Polizisten/-innen dabei hilft, ihr taktisches Verhalten zu optimieren (Bouchoucha 2019). Die Forschungsarbeit besteht aus drei Studien und basiert auf dem «Quadratdrill», bei dem die Lernenden so schnell wie möglich auf eine Gefahr reagieren müssen. Die ersten Resultate der Studie 1 werden zusammen mit den nächsten Schritten und den festgestellten Hürden vorgestellt. Ziel ist es, die Wirksamkeit von VR-Training mit der Wirksamkeit von konventionellem Training zu vergleichen und die Effektivität der Methoden in beispielhaften Polizeiszenarien zu bewerten.
SÉOLANE BOUCHOUCHA (Kantonspolizei Genf)
Séolane Bouchoucha schloss 2014 ihren Master in Arbeits- und Organisationspsychologie an der Universität Neuchâtel ab und arbeitet seit 2015 als Psychologin im Dienst der Kantonspolizei Genf (Rekrutierung, Ausbildung, Entwicklung und Unterstützung von Projekten). Als ausgebildete Notfallpsychologin arbeitet Bouchoucha beim Dienst «AVP Police», welcher die Stadtpolizei Lausanne bei Interventionen unterstützt. Seit 2016 unterrichtet sie Psychologie an der Polizeiakademie Savatan und beteiligt sich an der Entwicklung des Bereichs «Transfer», der darauf abzielt, die Psychologie in polizeiliche Interventionssituationen einzubeziehen und anzuwenden. Durch ihre Tätigkeit an der Polizeischule wurde ihr Interesse an Situationsanalyse, Entscheidungsfindung und Emotionsregulierung in widersprüchlichen Situationen bei Polizeiaspiranten/-innen geweckt. Seit 2018 ist sie im Rahmen eines Doktorats der Psychologie am MMER-Labor der UNIGE tätig. Seit 2018 leitet sie ein Team von Psychologen/-innen (PSYAU), die bei Anhörungen von Kindern, die Opfer schwerer Straftaten wurden (EVIG), anwesend sind. Gemeinsam mit den Polizisten/-innen (EVIG) ist sie für die Koordination verantwortlich. Seit 2019 ist sie für die Einführung des Schulungsprogramms TOPÒ (Techniken zur Optimierung des Potenzials) in ihrem angestammten Polizeikorps verantwortlich.
YVAIN TISSERAND (Universität Genf)
Dr. Yvain Tisserand ist derzeit Lehrbeauftragter an der Universität Genf und arbeitet im Laboratoire de modélisation multimodale des émotions et du ressenti (MMEF lab) im Centre suisse des sciences affectives (CISA). Er studierte Computergrafik an der Universität Genf und promovierte 2018 in Informatik unter der Leitung von Prof. Nadia Magnenat-Thalmann (MIRALab/UNIGE). Seine derzeitigen Forschungsarbeiten befassen sich zum einen mit der Schaffung virtueller Menschen mit Emotionen für Virtual-Reality-Erlebnisse und zum anderen mit der Entwicklung von Tools, um seine Fachkenntnisse im Bereich der Computergrafik in verschiedenen Bereichen einzubringen, wie z. B. bei der Schmerzreduktion bei Kindern auf pädiatrischen Notfallstationen oder bei der Entwicklung von immersiven Tools zur Sensibilisierung für die Problematik des Klimawandels. Seit 2018 beschäftigt er sich mit der Konzeption und Implementierung interaktiver VR-Simulationstools für die Ausbildung von Sicherheitskräften. Er hat verschiedene Prototypen entwickelt, um die Nutzung von VR in diversen Bereichen zu testen, wie z. B. bei der Personenkontrolle im städtischen Raum und bei der Sicherung eines Parkplatzes.
VIDEO-RETEX: EIN FORMATIVER ANSATZ IM BEREICH BODYCAMS ZWECKS FEEDBACK ZU BERUFLICHEN ERFAHRUNGEN
Zusammenfassung
In den letzten Jahrzehnten haben sich Polizeien in zahlreichen Ländern mit Bodycams ausgestattet. Auch die Forschung in diesem Gebiet wurde intensiviert. So ist es heute möglich, Polizeiorganisationen bei der Evaluation dieser Technologie zu unterstützen. Drei Anwendungsgebiete von Bodycams erweisen sich dabei als besonders vielversprechend: Bodycams für Schulungszwecke, zur Unterstützung des Feedbacks im Bereich Polizeipraktiken und als Form der Kapitalisierung von beruflichen Erfahrungen. Im Bereich Bildung bietet die immersive Komponente der Bild- und Tonaufnahmen einen Mehrwert für das Lernen und die Verbesserung der polizeilichen Praktiken. Der Ansatz namens «Video-Retex™» wurde im Dialog mit verschiedenen Fachkreisen im Bereich Notfall (Polizei, Feuerwehr und Ambulanz) erarbeitet.
MICHAËL MEYER (Universität Lausanne)
Michaël Meyer ist Soziologe. An der Universität Lausanne ist er Forschungsbeauftragter an der Forschungsstelle «Le ColLaboratoire», die auf angewandte und partizipative Forschung ausgerichtet ist. Seine Arbeit konzentriert sich auf die aktuellen Entwicklungen im Bereich Arbeit und auf die Entstehung von Berufsgruppen, wobei sein besonderes Interesse dem Einfluss neuer Technologien und digitaler Bilder auf die berufliche Praxis gilt. In seiner Forschung behandelt er verschiedene Aspekte der öffentlichen Sicherheit, beispielsweise die Beziehung zwischen Polizei und Medien oder die Zusammenarbeit zwischen Polizisten/-innen und Psychiatriepflegern/-innen bei der Betreuung von Menschen mit einer psychischen Erkrankung. In der Schweiz begleitete er zwischen 2018 und 2020 im Bereich der polizeilichen Innovation die Umsetzung und Auswertung des Bodycam-Tests im Kanton Waadt.